Donnerstag, 17. Juli 2014

Alle sprechen über ihren guten Service...

Das Angebot ist gross, und kaufen ist einfach - aber was passiert, wenn plötzlich
eine Garantieleistung benötigt wird?
Ich gebe zu, ich bin ein Online-Shopping Fan. Ich habe schon unzählige Bücher, Songs, Geräte oder Reisen auf dem Internet gekauft, und bis jetzt hat immer alles hervorragend funktioniert. Die letzten Tage hatte ich zum ersten Mal ein Problem: Ein Gerät, das ich vor einigen Monaten bei Amazon gekauft hatte, gab seinen Geist auf. Ich musste also die Garantieleistungen, die der Hersteller verspricht, einfordern. Das ist gar nicht so einfach.

Zuerst sah ich mich mal auf der Amazon Website um. Ich fand schnell heraus, dass Amazon kein Anlaufort für defekte Geräte sein will (damit lässt sich ja auch nur schlecht Geld verdienen):
“Sie können sämtliche Produkte aus den Amazon-Shops innerhalb von 30 Tagen ab Erhalt der Ware an Amazon.de zur Erstattung zurücksenden, sofern die Ware vollständig ist und sich in ungebrauchtem und unbeschädigtem Zustand befindet. Eingeschweißte und/oder versiegelte Datenträger können wir nur in der ungeöffneten Einschweißfolie bzw. mit unbeschädigtem Siegel zurücknehmen.“
Das alles traf für meinen defekten, sechs Monate alten DVD-Player nicht zu.
Ein telefonischer Kontakt mit Amazon, der über die Website überraschend einfach aufgenommen werden konnte, brachte dann Zusatzinformationen: Man sei in der Regel grosszügig und nehme auch Geräte zurück, die einige Wochen älter als einen Monat seien. Ich müsste mich an den Hersteller wenden.
Das tat ich dann auch.
Der Hersteller, einer der grössten überhaupt, versuchte zuerst, mich wieder an Amazon zu verweisen. Die Händler seien für die Rücknahme von Geräten unter Garantie verantwortlich. Ich insistierte, bis ich eine Fall-Nummer und das Versprechen bekam, man werde sich in zwei bis vier Tagen bei mir melden. Tatsächlich bekam ich am nächsten Tag ein E-Mail indem ich aufgefordert wurde, meine Quittung für den Kauf des Geräts zur Verfügung zu stellen, was ich umgehend tat. Soweit so gut.
Danach herrschte die grosse Funkstille.
Nach mehreren E-Mails an die Kundenservicestelle (die absolut ohne Antwort blieben) und mehreren mühsamen Telefonaten an die Zentrale der Firma, bei denen man mich mit einer Ausrede über E-Mail Probleme abschüttelte meldete ich mich nochmals beim Kundendienst. Es dauerte fast eine Stunde, bis mein Anruf beantwortet wurde („Ihr Anruf ist wichtig für uns, bitte haben sie noch ein wenig Geduld…“). Der Mitarbeiter versicherte mir, dass in seiner Firma normalerweise nicht so mit Kunden umgegangen werde. Er versprach auch, den Fall nochmals weiterzugeben und Dampf zu machen.
Heute Morgen, mehr als zwei Wochen nach der ersten Kontaktaufnahme, habe ich jetzt ein weiteres E-Mail mit Fragen zu meiner Quittung bekommen. Ob und wann ich ein Ersatzgerät bekomme, steht in den Sternen.
Der langen Rede kurzer Sinn: Wenn ich dieses Gerät in einem Fachgeschäft oder bei einem Grossverteiler gekauft hätte, wäre der Garantiefall wohl kein Problem gewesen. Ich hätte es mit Quittung zurückgebracht und ein Ersatzgerät dafür bekommen. Auch bei einem Online-Kauf durch einen Multichannel-Anbieter, wäre das möglich gewesen.
Trotzdem: Dass es mit diesem Garantiefall Probleme gab, hat eigentlich gar nichts mit Online-Shopping zu tun, sondern vielmehr mit der Servicebereitschaft eines Unternehmens und der Qualität der Ware. Mission-Statements und Versprechungen sind schnell gemacht, aber reichen nicht.
Kundenservice im digitalen Zeitalter ist enorm anspruchsvoll geworden, die Konkurrenz lauert hinter jedem leeren Versprechen. Kunden erwarten, dass ihre Probleme schnell (oder noch besser sofort) gelöst werden. Wenn das nicht möglich ist, muss zumindest entsprechend kommuniziert werden. Auch in Online-Shops gilt: Kunden sind nur so lange loyal, als sie mit guter Qualität und gutem Service bedient werden. Wenn das nicht funktioniert, verschwinden sie zur Konkurrenz und nehmen oft noch viele andere mit – zum Beispiel wenn sie ihre schlechten Erfahrungen auf Internetplattformen ausbreiten. 
Immerhin ist meine Erfahrung (noch) nicht so bizarr wie jene des Schriftstellers Jo Lendle, der in Deutschland einen Telefonvertrag kündigen wollte. “Kafka im Kundenservice“, titelte die Süddeutsche Zeitung das Video dazu


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen