Montag, 19. Oktober 2015

Diese Werbung müssen Sie sich ansehen!

Ob die Strategie wohl aufgehen wird? Das grösste Boulevard-Blatt Deutschlands will die Leser seines Internetangebots zwingen, die mitgelieferte Werbung anzusehen. Wer einen Werbeblocker eingeschaltet hat, wird gesperrt. Damit blockiert der Axel Springer Verlag ungefähr 25 Prozent seiner digitalen Leser. Ob das eine erfolgsversprechende Strategie ist?

Die Macher von bild.de möchten ihre Leser dazu zwingen, Werbung anzusehen.
                                                                                                        Screenshot bild.de
Es ist wohl unbestritten; Am erfolgreichsten ist jene Werbung, die vom Konsumenten sozusagen nebenbei, vielleicht sogar unbewusst aufgenommen wird. TV-Unterbrecherwerbung zum Beispiel ist so ziemlich genau das Gegenteil: Immer wenn es spannend wird, werden Werbespots serviert, die gar nichts mit den Inhalten zu tun haben, die sich der Zuschauer eigentlich anschauen will. Das ist bestimmt einer der Gründe dafür, dass Fernsehen gesamthaft immer mehr Zuschauer verliert. Ähnliches gilt im Internet: Wer keine Werbung sehen will, kann einen Adblocker installieren und spart dadurch Zeit, Bandbreite und Nerven.  Diese Leser gehören definitiv nicht zum Zielpublikum der Werbebranche. Beim grossen Deutschen Axel-Springer-Verlag scheint man das allerdings nicht begriffen zu haben. Das wunderbare Geschäftsmodell der letzten 50 Jahre ist zusammengebrochen, Werbung kann digital blockiert werden und Zeitungen kann man auf dem PC lesen, ohne dass man sie kauft. Deshalb will man jetzt bei bild.de die Leser zwingen, sich die Internetwerbung anzusehen – auch wenn sie nicht daran interessiert sind. Wer also bild.de mit einem Adblocker aufruft, sieht die folgende Nachricht:
“Sie sehen diese Seite, weil Sie einen Adblocker eingeschaltet haben. Deaktivieren Sie diesen bitte für BILD.de, um unsere Artikel wieder lesen zu können. BILD bietet Ihnen Nachrichten rund um die Uhr. Unsere 500 Reporter berichten für Sie aus aller Welt. Um das zu ermöglichen, sind wir auch auf Werbeeinnahmen angewiesen. Ihr Adblocker sperrt die Werbung auf BILD.de. Doch ohne Erlöse aus dem Verkauf von Werbeplätzen können wir die Arbeit unserer Journalisten nicht finanzieren.“
Wie golem.de berichtet, ist diese drastische Massnahme auf einen verlorenen Prozess zurückzuführen:
“ Damit zieht der Verlag eine drastische Konsequenz aus der juristischen Niederlage, die er im September 2015 vor dem Landgericht Köln gegen den Werbeblocker Adblock Plus erlitten hatte. Nach Verfahren in München und Hamburg hatten auch die Kölner Richter festgestellt, dass der Adblocker und das damit verbundene Geschäftsmodell der Kölner Eyeo GmbH legal sei. Axel Springer hält sowohl das Unterdrücken von Werbung als auch das Angebot des Whitelisting, bei dem sich große Verlage von der Werbeblockade freikaufen können, für rechtswidrig…“
Bei Bild verspricht man sich von dieser Strategie offensichtlich mehr Einnahmen. Allerdings geht der Trend im Internet genau in die gegenteilige Richtung. Auf Youtube und auch anderen Websites machen es Videowerber den Zuschauern zum Beispiel möglich, Werbespots, die sie nicht ansehen wollen, zu überspringen. Wohl weil das Berieseln uninteressierter Kunden zum Vornherein fruchtlos ist. Es wird interessant sein, zu beobachten, wie lange Axel Springer die Blockade seiner bild.de-Site aufrecht erhalten kann.

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